Rauchen, das Gehirn und das Mikrobiom
Rauchen schrumpft das Gehirn und schlägt auf die Verdauung
Es gibt viele Dinge im Leben, die wir gerne auf die leichte Schulter nehmen. Drei Tassen Kaffee am Morgen, ein süßes Stückchen am Nachmittag oder ein schnelles „Nur eine Zigarette“ nach dem Mittagessen. Aber was, wenn diese kleinen Gewohnheiten nicht nur Ihren Körper, sondern auch Ihr Gehirn und sogar Ihre Darmflora beeinflussen? Forschungen zeigen, dass Rauchen das Gehirn schrumpfen lässt, das Mikrobiom beeinflusst und Dysbalancen des Mikrobioms die Entstehung degenerativer Erkrankungen beeinflusst.
Der Sog der Sucht
Rauchen gilt nicht ohne Grund als eine der hartnäckigsten Süchte. Die unscheinbaren Zigaretten scheinen eine unbestreitbare Anziehungskraft zu haben. Es beginnt oft mit einer harmlosen Neugierde oder dem Einfluss von Freunden. „Hey, probier doch mal!“ – und zack, ist man im Dunstkreis der Nikotinsucht gefangen. Aber was passiert dem Gehirn, während man genüsslich an einer Zigarette zieht?
Gehirnverlust und Alterung durch Rauchen
Die Ergebnisse der Studie eines Forscher-Teams aus St. Louis, Missouri, USA lassen sich so zusammenfassen: Langjährige Raucher haben ein kleineres Gehirn! Die graue Substanz, die für logisches Denken und die Gedächtnisleistung zuständig ist, zieht sich zurück. Und dieser Verlust nimmt jedes «Packungsjahr» zu (Packungsjahr = Konsum von 20 Zigaretten am Tag über ein Jahr).
Der Substanzverlust ließ sich messen: Die täglichen Raucher hatten ein um 3.360,95 mm3 kleineres Gehirn. Das war primär auf ein geringeres Volumen der grauen Hirnsubstanz zurückzuführen. Hier betrug der Verlust 2.964,18 mm3. In Relation gesetzt sind das bezogen auf die Gesamtgröße von ca. 1.230.000 mm3 zwar nur Unterschiede im Promillebereich. Dieser summiert sich jedoch mit jedem Jahr. Und da eine Hirnatrophie (= Gehirnsubstanzverlust) ein Zeichen für Alterung ist, kann daraus geschlossen werden, dass Rauchen das Gehirn schneller altern lässt.
Die erschreckende Wahrheit
Egal, wie sehr wir uns bemühen, die Schockbilder auf Zigarettenschachteln zu ignorieren – sie sind nicht nur ein hübsches Design-Element. Sie sollen uns vor den realen Folgen warnen. Denn eine Hirnatrophie ist nicht nur ein medizinischer Fachausdruck; sie bedeutet einfach, dass das Gehirn schneller altert und die Zellen nicht nachwachsen. Das bedeutet, dass die Hirnsubstanz, die durch das Rauchen verloren geht, unwiderruflich weg ist.
Rauchen verändert aber nicht nur das Gehirn, sondern hat auch einen direkten Einfluss auf das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm (die wir fürs Überleben und für unser Immunsystem brauchen). Eine ungesunde Darmflora kann zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen führen und sogar neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose begünstigen.
Rauchen und das Mikrobiom: Eine toxische Beziehung
So weiß man mittlerweile auch, dass Rauchen unterschiedlichste Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt hat, das Mikrobiom verändert und so auch zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen beiträgt. Um einen Artikel aus der Medical Tribune zu zitieren: „Schon länger ist bekannt, dass sich bei Rauchern das Mikrobiom so stark verändert, dass es wohl die Entwicklung von kolorektalen Tumoren begünstigt.»
Eine Studie des Forschungsteams um den Gastroenterologen Dr. Xaiowu Bai, die dies untersuchte befand, dass im Tierversuch rauchexponierte Mäuse deutlich mehr prokarzinogene (krebsfördernde) Stoffe aufwiesen als vorher. Die Wissenschaftler fanden auch Hinweise auf eine reduzierte Barrierefunktion des Epithels, das heißt, die Schleimhaut wurde durchlässig, was viele Probleme nach sich ziehen kann. Weiterhin nahmen proinflammatorische Gene zu, was Entzündungsvorgänge im Körper fördert.
Nach 28 Wochen Behandlung wurde festgestellt, dass die Mäuse, die Rauch ausgesetzt waren, deutlich mehr Tumore im Darm entwickelt hatten und eine höhere Zellwachstumsrate in der Darmschleimhaut aufwiesen.
Alternative E‑Zigarette?
Falls Sie jetzt daran denken, das Medium zu wechseln und die Fluppe mit der E‑Zigarette auszutauschen, muss ich Ihnen bildlich gesprochen diesen Zahn ziehen. E‑Zigaretten können die Mundgesundheit verändern und möglicherweise zum Fortschreiten einer Parodontitis beitragen, wie eine US Studie 2022 feststellte.
Die Forscher stellten fest, dass die Schwere der Parodontalerkrankung bei konventionellen Rauchern am höchsten war, direkt gefolgt von E‑Zigaretten Rauchern. E‑Zigaretten-Nutzer hatten dabei signifikant höhere Werte für bestimmte Zytokine im Vergleich zu Nichtrauchern, was auf eine verstärkte Entzündungsreaktion hinweist. Es wurden auch ungünstige Veränderungen im Mikrobiom festgestellt.
Die gute Nachricht: Es ist nicht zu spät
Dann vielleicht doch lieber erwägen, das Rauchen ganz aufzuhören. Heutzutage gibt es dafür sehr gute Therapieansätze und Unterstützung wie zum Beispiel durch Ohrakupunktur. Auch systemisch lässt sich daran arbeiten, welche Bedeutung das Ritual des Rauchens hat (denn es ist ein Ritual) und wie es sich durch gesündere Rituale ersetzen ließe.
Das Beste daran? Wer mit dem Rauchen aufhört, stoppt die Atrophie des Gehirns, d.h. den Substanzverlust der Denkkapazität. Das Mikrobiom kann sich erholen und wieder aufgebaut werden. Es gibt also Hoffnung! Auch wenn die verlorene Substanz nicht wiederhergestellt werden kann, können Sie Ihren Körper in einen gesünderen Zustand bringen und so die Auswirkungen des Rauchens auf lange Sicht minimieren. Man weiß auch, dass die Lungen die Kapazität haben, sich wieder zu erholen, vorausgesetzt das Rauchen hat noch nicht zu einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung geführt. Also besser heute als morgen die Gesundheit unterstützen. #weilSieeswertsind
Quellen:
- Arzteblatt https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/148053/Studie-Rauchen-laesst-das-Gehirn-schrumpfen?rt=1d7eb3afd365fdec30800609abb85847
- https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/das-mikrobiom-raucht-mit
- Thomas, Scott C., et al. «Electronic cigarette use promotes a unique periodontal microbiome.» Mbio 13.1 (2022): e00075-22.