Ein Traktor besprüht bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang unter einem dunstigen Himmel die Pflanzen auf einem Feld.

Pestizide: Berufskrankheit oder allgemeine Gefahr?

Die Dis­kus­si­on um die gesund­heit­li­chen Risi­ken von Pesti­zi­den erfährt eine neue Dimen­si­on: Par­kin­son soll künf­tig als Berufs­krank­heit aner­kannt wer­den, wenn die Krank­heit durch den Umgang mit Pesti­zi­den aus­ge­löst wur­de. Die­se Emp­feh­lung kommt vom Ärzt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen­bei­rat Berufs­krank­hei­ten (ÄSVB).

Anerkennung als Berufskrankheit

Aktu­ell ist Par­kin­son noch­nicht offi­zi­ell als Berufs­krank­heit aner­kannt. Dem­ge­gen­über ist in ande­ren Län­dern wie den USA, Frank­reich und Ita­li­en Par­kin­son, wenn es durch Pesti­zi­de ver­ur­sacht wur­de, bereits seit vie­len Jah­ren als Berufs­krank­heit aner­kannt. Die Aner­ken­nung in Deutsch­land wäre ein wich­ti­ger Schritt, um Betrof­fe­nen die Mög­lich­keit zu bie­ten, finan­zi­el­le Unter­stüt­zung und Ent­schä­di­gung zu bean­tra­gen, um die medi­zi­ni­schen Kosten abdecken zu kön­nen. Dies wür­de ins­be­son­de­re Landwirt:innen und Winzer:innen zugutekommen.

Was ist Parkinson?

Par­kin­son ist eine neu­ro­lo­gi­sche Erkran­kung, die durch das Abster­ben von Ner­ven­zel­len im Gehirn ver­ur­sacht wird, die für die Pro­duk­ti­on des Neu­ro­trans­mit­ters Dopa­min ver­ant­wort­lich sind. Die wich­tig­sten Sym­pto­me von Par­kin­son umfassen:

  • Tre­mor: Unwill­kür­li­ches Zit­tern, häu­fig in den Hän­den oder Fin­gern, beson­ders im Ruhezustand.
  • Rigor: Mus­kel­steif­heit, die die Beweg­lich­keit ein­schränkt und Schmer­zen ver­ur­sa­chen kann.
  • Bra­dy­ki­ne­sie: Ver­lang­sa­mung der Bewe­gun­gen, was all­täg­li­che Akti­vi­tä­ten erschwert.
  • Hal­tungs­in­sta­bi­li­tät: Schwie­rig­kei­ten beim Hal­ten des Gleich­ge­wichts und erhöh­te Sturzgefahr.
  • Ver­än­de­run­gen der Schrift: Oft klei­ne­re, schwe­rer les­ba­re Schrift (Mikro­gra­phie).
  • Gesichts­aus­druck: Ein mas­ken­haf­tes Gesicht, das weni­ger Emo­tio­nen zeigt (Hypo­mi­mie).
  • Schwie­rig­kei­ten beim Spre­chen: Stim­me kann lei­ser oder mono­ton wer­den (Dys­ar­thrie).
  • Schlaf­stö­run­gen
  • Depres­sio­nen

Die­se Sym­pto­me ver­schlech­tern sich im Ver­lauf der Krank­heit und kön­nen die Lebens­qua­li­tät erheb­lich beeinträchtigen.

Pestizide in Deutschland

99 287 Ton­nen Pesti­zid-Zube­rei­tun­gen wur­den 2013 in Deutsch­land ver­kauft. Sie ent­hiel­ten 32 551 Ton­nen Pesti­zid-Wirk­stof­fe sowie 66 736 Ton­nen zusätz­li­che Che­mi­ka­li­en. Zuge­las­sen waren Ende 2013 in Deutsch­land 748 Pesti­zi­de mit 269 Wirk­stof­fen. Der men­gen­mä­ßig bedeu­tend­ste war das Her­bi­zid Gly­pho­sat, das in vie­len Stu­di­en mit Krebs­er­kran­kun­gen und ande­ren chro­ni­schen Erkran­kun­gen in Ver­bin­dung gebracht wird.

Kon­ven­tio­nel­les Obst ent­hält im Mit­tel 0,3 Mil­li­gramm Pesti­zid­rück­stän­de je Kilo­gramm. Bei kon­ven­tio­nel­lem Gemü­se sind es 0,4 Mil­li­gramm. Bio-Erzeug­nis­se sind um den Fak­tor 100 weni­ger bela­stet. Das berich­tet das Öko-Moni­to­ring Baden-Württemberg.

Glyphosat und seine Folgen 

Die Gly­pho­sat-Zulas­sung wur­de Ende 2023 von der EU-Kom­mis­si­on im Allein­gang um zehn Jah­re ver­län­gert, nach­dem bei einer Abstim­mung der Mit­glied­staa­ten kei­ne qua­li­fi­zier­te Mehr­heit dafür oder dage­gen zustan­de kam. Hier­zu­lan­de gilt nun: Gly­pho­sat darf wei­ter­hin als Pesti­zid in Deutsch­land ein­ge­setzt wer­den. Und das, obwohl die WHO (Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on) bereits 2015 Gly­pho­sat als „wahr­schein­lich krebs­er­re­gend für den Men­schen“ einstufte.

Hier ein Aus­schnitt der lan­gen Liste an gesund­heit­li­chen Gefah­ren, die wis­sen­schaft­lich bestä­tigt sind:

  1. Krebs­er­re­gen­des Potenzial:
    • Die Inter­na­tio­na­le Agen­tur für Krebs­for­schung (IARC) der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) hat Gly­pho­sat als „wahr­schein­lich krebs­er­re­gend für den Men­schen“ (Kate­go­rie 2A) ein­ge­stuft. Stu­di­en deu­ten auf ein erhöh­tes Risi­ko für Non-Hodgkin-Lym­phome hin.
  2. Endo­kri­ne Störungen:
    • Gly­pho­sat und sei­ne Abbau­pro­duk­te kön­nen als endo­kri­ne Dis­rupt­o­ren (hor­mo­nel­le Stö­rer) wir­ken, die das Hor­mon­sy­stem beein­flus­sen. Dies kann zu Repro­duk­ti­ons­pro­ble­men (Frucht­bar­keits- und Fort­pflan­zungs­stö­run­gen) sowie Ent­wick­lungs­stö­run­gen führen.
  3. Schä­di­gung der Leber und Nieren:
    • Stu­di­en an Tie­ren haben gezeigt, dass hohe Dosen von Gly­pho­sat zu Leber­schä­den und Nie­ren­pro­ble­men füh­ren kön­nen. Lang­fri­sti­ge Expo­si­ti­on kann ähn­li­che Effek­te beim Men­schen haben.
  4. Beein­träch­ti­gung des Mikro­bi­oms:
    • Gly­pho­sat beein­flusst das Mikro­bi­om im Darm, da es eine anti­mi­kro­biel­le Wir­kung hat. Die Fol­gen sind Dys­bio­sen (Fehl­be­sie­de­lun­gen), die mit vie­len Gesund­heits­pro­ble­men wie chro­nisch-ent­zünd­li­che Darm­er­kran­kun­gen, Reiz­darm­syn­drom, Leaky-Gut (durch­läs­si­ge Darm­schleim­haut) etc. in Ver­bin­dung gebracht wird.
  5. Repro­duk­ti­ve Probleme:
    • Eini­ge Stu­di­en haben gezeigt, dass Gly­pho­sat die Fort­pflan­zungs­fä­hig­keit beein­träch­ti­gen und auch zu Geburts­feh­lern füh­ren kann.
  6. Toxi­zi­tät für Zellen:
    • Unter­su­chun­gen haben gezeigt, dass Gly­pho­sat zyto­to­xisch (zell­schä­di­gend) sein kann, was zu einer erhöh­ten Zell­sterb­lich­keit und DNA-Schä­den füh­ren kann (Schä­den des Erbguts).
  7. Erhöh­tes Risi­ko durch Exposition:
    • Stu­di­en haben gezeigt, dass nicht nur für Par­kin­son ein erhöh­tes Risi­ko durch Gly­pho­sat Expo­si­ti­on besteht, son­dern auch für ande­re schwer­wie­gen­de Erkran­kun­gen wie ALS (Amy­o­tro­phe Late­ral­skle­ro­se)und Krebs, und Anti­bio­ti­ka­re­si­sten­zen geför­dert wer­den. Es wur­den auch indi­rek­ten Aus­wir­kun­gen fest­ge­stellt, wie Ver­än­de­run­gen in der Ver­brei­tung von Pflan­zen- und Tier­krank­hei­ten, die durch ver­scho­be­ne mikro­biel­le Gemein­schaf­ten begün­stigt wer­den. Bei einer chro­ni­schen Expo­si­ti­on gegen­über nied­ri­gen Dosen wird eine Anrei­che­rung der Ver­bin­dun­gen in der Umwelt befürch­tet, die wei­te­re pot­ent­zi­el­le Gesund­heits­ri­si­ken ver­ur­sacht, in noch unbe­kann­tem Ausmaß

Giftige Abwärtsspirale

Eini­ge wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en haben bestä­tigt, dass dabei der Mix an unter­schied­li­chen Pesti­zi­den mit Gly­pho­sat (die üblich sind) eine noch höhe­re Toxi­zi­tät als Gly­pho­sat auf­wei­sen, die mei­sten Stu­di­en jedoch Gly­pho­sat iso­liert betrach­ten und damit das gan­ze Aus­maß der Gesund­heits­chä­den nicht voll­stän­dig reflektieren.

Wenn man die­se Fak­ten liest und recher­chiert, fragt man sich unwill­kür­lich, ob wir auf einem deter­mi­nier­ten Pfad der Selbst­zer­stö­rung wan­dern, nur damit Kon­zer­ne wie Bay­er und das dazu­ge­hö­ri­ge Mon­sa­to Mil­li­ar­den­ge­win­ne machen kön­nen und war­um die Poli­tik und die EU auf­grund der Stu­di­en­la­ge nicht sofort einen Rie­gel vorschiebt. 

Wei­ter­hin müss­te man sich als logi­sche Kon­se­quenz die Fra­ge stel­len, wel­che gan­ze Liste an Erkran­kun­gen in Fol­ge als Berufs­krank­hei­ten bestä­tigt wer­den müss­ten, um Betrof­fe­ne zumin­dest finan­zi­ell abzu­si­chern – wenn eine gesund­heit­li­che Absi­che­rung schon nicht erfolgt.

Wei­ter­hin bleibt unbe­ant­wor­tet, wie in Zukunft nicht nur expo­nier­te Berufs­grup­pen, son­dern auch die All­ge­mein­be­völ­ke­rung vor all die­sen Gesund­heits­ri­si­ken durch das gewinn­brin­gen­de Gift geschützt wer­den soll? Poli­tik quo vadis?

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